Mittwoch, 22. Juli 2015

13. Tag - 22. Juli 2015 - Aufstieg mit Schummeln




Strecke: (Bad Sooden-Allendorf) - Göttingen - Nörten-Hardenberg - Northeim - Einbeck - Kreiensen - Greene
gefahrene Kilometer: 51 km (86 km)
Gesamtstrecke: 471 km
Wetter: bewölkt, etwas Rückenwind, 26 Grd., gegen Abend heiter

Mit dem Zug vom Werra- ins Leine-Tal
Der Tag beginnt gut. Ich frühstücke gemütlich vor dem Café Feldmann, der Juniorchef ist sehr beflissen, alles Recht zu machen. Ich kann mir heute etwas mehr Zeit zum Frühstück lassen, da der Zug erst um 9:16 Uhr fährt......der Zug? Der geneigte Leser mag sich fragen, wieso ich heute Zug fahre? Nun die Erklärung ist ganz einfach: Ich habe mir überlegt, wie ich den Anstieg vom Werra- zum Leinetal (rd. 150 Höhenmeter entlang der B 27 ohne Radweg) am elegantesten (und Kräfte schonendsten) bewältigen kann. Das Ergebnis dieser Überlegung ist, die ehemalige Nord-Süd-Strecke der Bahn zu benutzen. Zwar bringe ich mich um den Genuss von ungefähr 35 km Strecke, dafür brauche ich nicht so viel Flüssigkeit nach zu tanken.

Im Zug habe ich Probleme mit dem Fahrkartenautomaten - er nimmt kein Geld an. Zwei nette junge Mädchen helfen mir, sodass ich schließlich doch noch zu Fahrkarten für mich und das Toxy komme (10,50 Euro). Nach 35 km und rund 25 Minuten erreicht der Zug schließlich Göttingen.

Kloster Marienstein in Nörten-Hardenberg
Da ich den gespeicherten Tracks auf meinem E-Trex nicht so ganz traue und die Beschilderung auch nicht so ganz gut sein soll, kaufe ich mir im Göttinger Bahnhof in der Buchhandlung die Radwanderkarte für den Leine-Heide-Radweg. Ich freue mich, dass ich nun auf etwas handfesteres als "Electronic" zurück greifen kann. Gleichwohl führt mich das E-Trex auf kürzestem Wege durch Göttingen zum Leine-Heide-Radweg. Ich bin auch bald von Natur umfangen, soweit man Landwirtschaft heute noch als Natur bezeichnen kann. Das Leinetal ist anfangs sehr weit, links und rechts sind die Anhöhen kaum zu erahnen. Der Radweg läuft genau zwischen der Schnellfahrstrecke der Bahn auf der rechten und der A 7 auf der linken Seite. Mit leichter Windunterstützung von  hinten erreiche ich schnell Nörten-Hardenberg. Hier haben Christl und ich früher bei unseren Fahrten mit dem Auto des öfteren Rast bei einem Bäcker gemacht.

Weiter geht es an den Baggerseen der Northeimer Seenplatte vorbei, unter der A 7 hindurch, weiter an der Leine entlang. Teilweise ist der Weg sehr naturnah, die Leine wirkt richtig romantisch. An einem Aussichtspunkt, von dem man die hier rastenden Zugvögel beobachten kann, mache ich Pause, esse ein paar Cantuccino und zwei Ballisto, trinke dazu Leitungswasser aus der Flasche - schmeckt trotzdem gut. Nach einer halben Stunde geht es weiter.

gute asphaltierte Radwege
Kurz vor Einbeck biege ich der Ausschilderung folgend rechts ab. Da hält vor mir plötzlich ein PKW. Der Fahrer fragt mich, ob ich nach Kreiensen möchte. Der ausgeschilderte Weg ginge über zwei sehr starke Anstiege, die solle ich doch lieber vermeiden und direkt nach Einbeck fahren und erst dort abbiegen. Wir unterhalten uns noch einige Zeit. Er hat auch viele Langstrecken durch Deutschland beradelt. Dann folge ich seinem Rat, kehre um und gelange auf einen wunderbar ausgebauten Radweg entlang der Autostraße nach Kreiensen. Bei Volksen mache ich in einer Gaststätte Rast und genehmige mir ein Radler. Kurz vor Kreiensen hält mich eine sächsisch sprechende Radfahrerin an,  sie habe das Gefühl, dass ihr ein Insekt ins Ohr geflogen sei, ich solle doch einmal nachschauen. So sehr ich auch nachschaue, ein Insekt kann ich nicht sehen - sie scheint beruhigt zu sein, und wir quatschen noch ein bisschen.

Eigentlich habe ich vor, heute noch bis Ahlfeld zu fahren - weitere 20 Kilometer. Ich versuche vorsichtshalber schon hier in Kreiensen eine Unterkunft auf der weiteren Strecke zu finden - kein Erfolg. Also ein letzter Versuch in Kreiensen-Greene: Es klappt im Landhotel Greene, ca. 250 m vom Radweg entfernt - ich muss allerdings rund einen Kilometer zurückfahren, weil ich schon zu weit bin. Und Ahlfeld ist immer noch 20 Kilometer entfernt.

In Greene gehe ich, nachdem ich mich geduscht und schön gemacht habe, in einen EDEKA-Markt und kaufe ein bisschen Verpflegung für morgen ein. Anschließend sitze ich im "Biergarten" des Hotels, schreibe Tagebuch und warte auf das Abendessen.

Heute hat Christl mich am Telefon gefragt, ob mir die Tour noch immer Spaß macht: Manchmal kommt da natürlich die alte Frage: Warum tue ich mir das an? Natürlich deshalb, weil ich es selbst so gewollt habe. Auch wenn ich fluche, wenn es mal wieder lang gezogen bergauf geht, das ist nur ein Augenblickseindruck, der ganz schnell wieder verschwindet, wenn ich die vielen schönen Dinge, die der Weg hergibt, sehen kann, wenn ich auf Tiere treffe, die man - wie heute einen Kakadu - kaum erwartet. Es ist einfach schön aus eigener Kraft - bis auf das bisschen schummeln - voranzukommen. Manche Leute staunen, dass ich  in meinem "hohen" Alter solche "Wahnsinnsstrecken" auf mich nehme, und das sogar ohne jegliche E-Unterstützung. Ergebnis dieser Überlegung: Es macht noch Spaß - und das Ende ist im Übrigen auch schon langsam abzusehen. Morgen möchte ich Hannover-Laatzen erreichen.

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